Die große Baustelle an der Wilsdruffer Straße hat den Anfang gemacht. In die Schlagzeilen kam der einstige Kulturpalast jüngst nur durch eine weitere Amtsposse, die hohes Schildbürger-Niveau hat. Auf der Rückseite, die künftig dem Be- und Entladen von Orchester- und Gastspielmaterial dienen soll, dürfen die Wohnräume keine zu öffnenden Fenster haben. Man fürchtete Klagen der Bewohner – und wollte die mit fester Verglasung abspeisen. Eine Idee wie aus dem Tollhaus.
Dass aber die Front des Gebäudes großflächig mit Militärwerbung verunstaltet, der Kultur-Begriff damit schier verhöhnt worden ist, das hat kaum wen empört. Dabei steht dort tatsächlich „Grünzeug ist auch gesund für deine Karriere“! Darunter noch „Mach was wirklich zählt“, ganz ohne Komma. Das Riesen-Plakat ist Bestandteil einer millionenschweren Vergeudung von Steuergeldern, die einhergeht mit neuen, weiteren Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Heute starteten die Tornado-Flieger ihre jüngste Mission. Dass Frau von der Leyen arg wird, war zu befürchten. Dass es so schlimm – und absehbar bald schon noch schlimmer! – werden wird, darf ernsthaft nicht wahr sein. Vorm Semper-Bau der Sächsischen Staatsoper marschiert regelmäßig nicht nur die montägliche Gewalt aus der Gosse auf, sondern immer wieder ein Militärtrupp zu sogenannten Zapfenstreichen. Wobei „Streich“ angesichts dieser militant stiefeltretenden Dreistigkeit noch verharmlosend klingt.
In dieser Woche wurde nur noch eins draufgesetzt, das einen lautstarken Aufschrei in der Kunst- und Kulturstadt auslösen sollte. Neben DVB-Straßenbahnen, die großflächig für Kreuzchor, Musikfestspiele, Philharmonie und Staatsoperette werden, rollt jetzt auch eine Bahn, die komplett in Tarnfarben drapiert worden und arme Leute für die Bundeswehr werben soll. Für Geld macht eine Firma wie Ströer alles. Wann rollen wieder die ersten Panzer durch Dresden? Schon jetzt steigen die Waffenverkäufe prozentual schneller als die von Musikalien, bewerben sich mehr junge Männer beim Wachschutz als bei Orchestern.
Kriegerische Zeiten einer zunehmend verrohenden Gesellschaft, was tun wir dagegen?
Nicht schwarzmalen! Bis nächsten Freitag –
Michael Ernst