»Wechselspiel« war das 4. Philharmonische Konzert der Elbland Philharmonie überschrieben, das nach Pirna noch in Großenhain und Radebeul zu erleben sein wird. Und es wurde ein wahres Wechselspiel der Soli von Klarinette und Viola, von Solisten und Orchester, und des Gastdirigenten Wolfgang Rögner.
Romantisches stand „gegen“ Klassisches, Webers Klarinetten-Concertino gegen Beethovens 7.Sinfonie in A-Dur, dazwischen eine Romanze für Viola und Orchester und ein Doppelkonzert von Klarinette, Bratsche und Ensemble. Und am Ende gab es stürmische Beifallsbekundungen, Klopfen, Trampeln, dass die Kirche dröhnte.
Hervorragend waren die Solisten. Der Soloklarinettist des Orchesters, Roland Vetters, stellte Webers Werk mit schön ausgespieltem Ton, perlenden Läufen und natürlich jenem bewegenden Klang der tiefen Register, der für den Komponisten zum Sinnbild romantischen Ausdrucks wurde. Das war schon begeisternd. Der 25jährige französische Bratschist Manuel Vioque-Judde ließ als Gastsolist, als der er schon mit Bartoks Bratschenkonzert zu erleben war, den warmen Ton seines Instruments in Max Bruchs Romanze für Viola und Orchester klangvoll wirken. Beide Solisten spielten dann zusammen in Max Bruchs Doppelkonzert für Klarinette, Viola und Orchester. Vielleicht dämpfte hier der hallige Raum der Pirnaer Marienkirche für den Bratschenklang, aber die Romantik des Werkes strahlte wirkungsvoll.
Wenn der Dirigent Wolfgang Rögner bisher in gebotener Zurückhaltung bestens begleitete und orchestrale Effekte ausspielte, hatte er nun in dem finalen Höhepunkt mit Beethovens Siebenter Gelegenheit, sich gestalterisch packend auszubreiten. Und das war ein besonderes Erlebnis. Mag es der Kirchenraum mit seinen Besonderheiten gewesen sein oder der rechte Zugriff auf dies Werk, das sich hier als „Kriegs“-Sinfonie offenbarte. In der Tat – dieses Werk wurde am 08.12.1813 zusammen im gleichen Konzert mit »Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei Vittoria«, der sogenannten ‚Schlachten-Symphonie‘ erstmals aufgeführt. Die A-Dur-Sinfonie, die auch als ‚Sinfonie 1812‘ apostrophiert wird, galt dem Zuge Napoleons nach Russland und dem damit verbundenen Leid des Volkes. Wolfgang Rögner schien genau dieser Programmatik nachzugehen: kämpferischer Auszug im 1.Satz (vielleicht waren die Trompeten zuweilen etwas zu stark!), Bilder zu einem russischen Thema im Allegretto, das von einer ausdrucksstarken Stimme kontrapunktiert wird, die Leid, aber auch Willenskraft als Widerstand aufleuchten lässt. Der Scherzosatz, stürmisch wie selten bei Beethoven, kündet von Überwindung und Sieg. Und das Finale nach einem russischen Volkstanzthema gestaltet, wild und ungebärdig, feiert frenetisch den Sieg.
Nun – mir als Historiker drängte sich diese Programmatik auf. Wer das Werk und die mitreißende Wiedergabe einfacher aufnahm, hatte das Erlebnis einer packenden Interpretation. Und so wurde denn auch der Abend mit lang anhaltendem und stürmischem Beifall gefeiert, der einem Gastdirigenten galt, der als GMD über Erfurt, Bautzen und dem Leipziger Symphonieorchester auf einer reichen Erfahrung aufbauen konnte.
Friedbert Streller