Einen ganzen Abend mit neuer französischer Musik zu erleben, ist selten. Das groß besetzte philharmonische Orchester bot ihn. Zwar ist Berlioz, 1803 geboren, schon ein Zeitgenosse von Schubert, Weber, Spohr, aber seine »Symphonie fantastique« von 1830 bleibt bei aller Historie ein modernes Werk, ja, bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts wurde sie eher selten aufgeführt. Zu ungewöhnlich sind die programmatischen Klangwelten, die Liebeserlebnisse eines Komponisten, oder, wie der Untertitel lautet, »Episoden aus dem Lebens eines Künstlers«. Und der französische Dirigent Bertrand de Billy, seit 2014 Erster Gastdirigent der Philharmonie, hatte die rechte Einstellung, die Erlebnisse eines Pubertierenden wie das Erwachen der Liebe, erste Begegnungen auf dem Ball, Eifersucht, Mord gestalterisch zu erfassen. Der Mörder landet auf dem Schafott und schließlich, der Weberschen Klangwelt nahe, in der teuflischen Wolfsschlucht. Was hier an Klangfantastik aufgeboten
werden konnte, war hin- und mitreißend nachvollziehbar.
Am Anfang des Abends brillierten Dirigent und Orchester mit einer orchestralen Farbigkeit, wie man sie – außer bei Messiaen – nur selten erleben kann. »Metaboles« war das mehrteilige Stücke von dem Klangzauberer Henri Dutilleux von 1964 überschrieben, das gleichsam die klanglichen Verschiebungen der Orchestergruppen von Holzbläsern, Streichern oder dem Blech sowie Schlagzeug Wirkungen zu erzielen suchte. Eine fantastische Vielfalt an Farbkombinationen tat sich auf, dass es schier den Atem verschlug. Das war, wie der Konzertabend überschrieben war, „fantastique“! Und da die neue Orgel gerade erst von den Dresdner Organisten von Kreuzkirche, Frauenkirche und Hofkirche vorgestellt worden war, nahm man nun den angereisten Titularorganisten der Kathedrale Notre Dame de Paris, Olivier Latry, der das Orgelkonzert von Francis Poulenc interpretierte. Ein Werk, das vom Organisten mit Lust und Laune vorgestellt wurde und im Dialog mit den Streichern und den Pauken besten Effekt machte, die Register der neuen Orgel sehr geschickt einsetzte und die Klangfarben brillieren ließ. Toller Beifall! Als Zugabe erklang die Toccata aus der »Suite gothique« des Elsässers Leon Boellmann als Krönung dieser Orgelvorstellung.