Ab 9. April steht die »Giselle«-Choreographie von David Dawson wieder auf dem Spielplan des Semperoper Ballets. Zwei Tage später verabschiedet sich die erste Solistin Natalia Sologub in dieser Rolle von ihrer Wirkungsstätte. Boris Gruhl schreibt über diesen und weitere Abschiede der nächsten Wochen und hat gleichzeitig für die Intendanz-Findungskommission einen überraschenden Vorschlag parat.
Boris Gruhl
Ich melde mich zurück. Ich war unterwegs, in Leipzig, mal sehen wie dort getanzt wird. Neuerdings auch am Theater für Kinder und Jugendliche, dem Theater der Jungen Welt, am Lindenauer Markt. Aber auch hier in Dresden, beziehungsweise in Hellerau, ist in Sachen Tanz momentan so einiges in Bewegung.
Heute feiert Ilse Ludwig ihren 85. Geburtstag. Sie hat sich auch nach ihrem Abschied von der Opernbühne nicht zur Ruhe gesetzt; ohne Singen gehe es einfach nicht, sagt sie. Viermal in der Woche ist sie momentan unterwegs, singt in Altenheimen zur Gitarre, nach dem Motto „Singen hilft“. Denn fit ist sie, rüstig, wach, und auch den Humor hat sie behalten.
Kaum war das Jubiläumsjahr für Richard I. vorbei, das Jubiläumsjahr für Richard II. hatte kaum begonnen, da zog es mich doch noch mal zum ersten aller Richards. »Tannhäuser« gibt es nach über zwanzig Jahren wieder in Prag, in der Staatsoper.
Dass man sie schwer unterscheiden kann, ist die eine Sache. Dass ihnen so wunderbarer, geradezu zärtlicher Humor eigen ist, bei aller Ernsthaftigkeit der Kreationen, macht sie gemeinsam einmalig. Jetzt haben die Zwillinge Otto und Jiří Bubeníček in Prag des Publikum mit den vielen Facetten ihrer Kunst reichlich beschenkt und wurden dafür euphorisch gefeiert.
Weder Vladimir Derevianko noch Laura Contardi waren der Grund, weshalb ich mich gleich zu Beginn des neuen Jahres nach Mailand begeben habe. Nein, ich wollte schon immer das dortige Ballett sehen und mal nachprüfen: dieser Startänzer Roberto Bolle, wird er tatsächlich in einer normalen Repertoirevorstellung gefeiert?
Harry Kupfer wollte in Dresden, an der Staatsoper, im Großen Haus, »Tristan und Isolde« inszenieren. Tenöre waren Mangelware in der DDR, Tenöre, die einen Tristan singen uns spielen können, erst recht. Zum Vorsingen meldet sich Spas Wenkoff, damals schon an der Oper in Halle engagiert, bis dahin aber weder dem Dirigenten Marek Janowski noch dem Regisseur bekannt. Das Vorsingen klappt, Kupfer hat seinen Tristan gefunden, die Premiere, am 12. Oktober 1975, wird ein bejubelter Erfolg, und Spas Wenkoff wird künftig diese Partie weit öfter als 400 Mal singen…
Das Nordwind Festival in Hellerau widmet mit „H, an incident“ den „Zwischenfällen“ des russischen Dichters Daniil Charms einen Abend.
Es war ein Tag vor meinem 21. Geburtstag. Vergesse ich nie. Diese Erinnerung an eine Aufführung, die ich nicht erlebt habe. Mittwoch, der 15. Mai 1968. In Dresden, im Großen Haus gab es »Tristan und Isolde«, ich konnte nicht hinfahren, dabei wäre es ja nur eine Fahrt von Leipzig nach Dresden gewesen, an diesem Tag. Es ging nicht, wahrscheinlich kein Geld.