Premiere verpasst? Das kommt vor. Es zeichnete sich ja schon am vorigen Freitag ab. Nie werden alle Novitäten des Musiktheaters gleich taufrisch wahrgenommen werden können. Warum auch? So eine teure Opernproduktion muss sich schließlich eine ganze Weile im Repertoire behaupten können. Also führen wir uns doch mal den „Liebestrank“ zu Gemüte, der Ende April in Dresdens Semperoper zusammengebraut worden ist. Die zweite Vorstellung am 1. Mai bot genug Platz.
Michael Ernst
Die Oper Leipzig besinnt sich ihrer Uraufführungstradition und spielt Theater im Theater. Gegeben wird ein Arrangement, das viele Menschen bewegt (auf der Bühne), recht freie Platzwahl bietet (zur Premiere) und in rekordverdächtig kurzer Zeit entstanden ist (drei Wochen Probe). Der Titel „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ tut kaum was zur Sache. Wenig Aufstieg sahen wir. Aber viel Fall.
Ja, es gibt sie, die vorsätzlichen Triebtäter. Auch unter Opernfreunden. Mit Vorsatz stillen sie ihre Gelüste nur in Premieren. Treu nach dem Motto: Wenn ich die Premiere verpasse, werde ich dieses Stück nie sehen. Bei Ausstellungsbesuchern soll es ähnliches Verhalten geben: Wer die Vernissage verpasst, wird die Exposition niemals sehen. Dabei sieht man zur Eröffnung doch meist die Kunst vor lauter Häppchenjägern nicht. Das bevorstehende Wochenende macht es solchen Triebtätern des Musiktheaters in Sachsen jedenfalls schwer. Sehr schwer.
Wer das 9. Symphoniekonzert der Sächsischen Staatskapelle verpasst hat, hat vieles verpasst. Zwei Klavierkonzerte von Sergej Rachmaninow, eines von Alexander Skrjabin, obendrein dessen 3. Symphonie „Le Divin Poème“ und sein Orchesterstück „Le Poème de l’Extase“. Man hätte alle drei Konzerte besuchen müssen. Oder wäre da der Eindruck noch disparater ausgefallen?
Schon wieder Freitag, der 13.? Tatsächlich, auch das macht der April. Wer die Musik liebt, darf es als absolut gutes Zeichen nehmen, ja als Omen. Denn der Dresdner Wochenendkalender ist mal wieder prall gefüllt. Hier ein paar Anregungen, entscheiden müssen Sie aber bitteschön selber.
Bei Derevo sprudelt es an diesem Wochenende. Osterwasser? Die nächste Sintflut? Oder einfach nur Bühnenregen in Hellerau? Nein, nein und doch ja: „Ketzal II. Noah’s Ark“ beweist vor allem, dass Dresdens Tanztheater Derevo vor neuen Ideen schier übersprudelt. Heute Abend lässt sich dieser Bilderbogen aus lustvollen Tristesse noch einmal im Festspielhaus Hellerau besichtigen.
Am 1. April spielte Laibach in Dresden. Die slowenische Band kam in friedlicher Absicht. Aber das sagen ja alle, die mit Bussen nach Dresden kommen. Die Staatskapelle hingegen reist ab – künftig verbringt sie Ostern im Exil, während hierzulande Ludwig Güttler den Osterhasen spielt und den Touristen im Bähr’schen Riesenei die Matthäus-Passion serviert.
Wer je in Salzburg gewesen ist, wird die Stadt an der Salzach nie wieder frei von Erinnerungen betreten können. Ob von Mozarts Geburtshaus oder von der touristischen Enge in der Getreidegasse geprägt, ob von einer Aufführung der Festspiele oder von sonstiger Kulinarik – Salzburg bleibt unvergesslich, auch ohne „Jedermann“. Einer, der ganz besondere Erinnerungen an diese Festspielstadt hat, kehrt nun bald als Künstlerischer Leiter der Osterfestspiele dorthin zurück.
Man muss ja wirklich nicht mehr an Osterhasen und Pfingstochsen glauben, doch irgendwie geprägt von allerlei kirchlichen Feiertagen ist die hiesige Kulturregion schon. Auch wenn die meisten von christlichen Kirchen vereinnahmten Feste auf uralte heidnische Rituale zurückgehen. Frühe Religionsfürsten haben sich und ihren Untertanen ganze Kirchenjahre daraus gezimmert. Die Musik dazu gibt es nun auf vier neuen Kreuzchor-CDs.