Eine Platte in einer grünen Hülle, meine erste Opernplatte, ich habe sie noch immer. Wenn ich höre, wie Ludmila Dvoráková „Mild und leise, wie er lächelt“ singt, wie kraftvoll ihr „Ewig war ich“ klingt oder eben jenes grandiose Finale der „Götterdämmerung“, „Starke Scheite schichtet mir dort…“, dann lächle ich auch, mild und leise, vor allem aber sehr dankbar.
Kolumnen
Heute blicken wir über Dresdens Tellerrand hinaus: die hohen „C“s in meinem Wagnersänger-Alphabet habe ich außerhalb der Freistaatsgrenzen gehört.
Erst mal einen Schnaps, eine Zigarette und noch eine. Ich komme gerade aus der Staatsoper, Premiere in der Semperoper, Puccini, »Manon Lescaut«.
Und die Dresdner Zwingerfestspiele sind doch etwas wert gewesen! Erwartungsgemäß natürlich nichts, aber auch gar nichts im Sinne der Obeuse und weiterer Festspiel-Verfechter. Das war ja allerspätestens nach dem desaströsen Ergebnis der millionenschweren Bemühungen um Augusts Kasperletheater in Zwingergeviert klar. Im Nachwaschgang spülte das haarige Drama aber zehntausend Schweizer Franken nach Dresden. Glückwunsch!
Beim Buchstaben „B“ fallen mir sofort eine Sängerin und zwei Sänger ein, sie ich in Wagnerpartien, in Dresden, im Großen Haus, später in der Semperoper und in Berlin gehört habe, aber sie waren wohl alle drei auch Wagnersänger.
„Richard ist Leipziger“ tönt es aus einer Stadt, wo Wagner-Verband und Wagner-Verein tunlichst nicht miteinander reden. Was setzt die heimliche Hauptstadt zwischen Graupa und Grimma dagegen? „Dresden – Wo Wagner WAGNER wurde“. Aufhorchen lässt die Kritik, dass ausgerechnet Wagners einstige „Wunderharfe“ so häufig fern der Elbe musiziere.
Nein, als Wagnersängerin hat sie keine Karriere gemacht, aber bis heute sorgt sie dafür, in Dresden in entsprechender Chefposition, und als höchst geschätze Kraft jedes Jahr in Bayreuth, dass den berühmten und den weniger berühmten Sängern bei den großen Partien der Musikdramen Wagners keine dramtischen Fehler unterlaufen. Die Sopranistin Gabriele Auenmüller wurde nach Beendigung ihrer Sängerlaufbahn „Die gute Fee im Kasten“.
Es musste ja so kommen. Wer auch immer überrascht getan hat, wird Gründe dafür gehabt haben. Glaubensvolle Ahnungslosigkeit, unschuldige Naivität, vielleicht aber gar ehrliche Dummheit. Während die erzdeutsche Musikwelt noch auf den 200. Geburtstag von Erz-Richard Wagner zusteuert – so oder ähnlich würde es ein Jonathan Meese formuliert haben –, ehrt zumindest ein sonniges Niemandsland auch den 130. Todestag des Dichter-Komponisten mit offenkundiger Ehrerbietung. „Fratres carissimi“ – „Im Bewusstsein des Ernstes“. Der „Ring“-Meister hätte gewiss seine Freude daran gehabt.
In diesem Jahr wird Theo Adam 87 Jahre alt. Für viele Wagnerfans ist er einer der Großen. Daher schien es mir angemessen, ihm den ersten Text meines Erinnerungsalphabetes allein zu widmen. Wer „A“ sagt, muss ja nicht um jeden Preis gleich „B“ sagen – daher nächstens noch weiter mit dem ersten Buchstaben des Alphabets.