Rezensionen

15.06.2011: Dem Krokodil die Sporen

Zwischen den Zeilen zu lesen galt es früher, wollte man künstlerische Kernaussagen eines Abends erhaschen. Solcherart geübte Dresdner hatten keine Mühe, die Programmierung des Abschiedskonzerts von Rafael Frühbeck de Burgos richtig zu deuten. Der Text des Hans Sachs war es, der aus Frühbecks siebenjähriger Amtszeit nun für immer nachklingt: "Verachtet mir die Meister nicht, und ehrt mir ihre Kunst…"

03.06.2011: Yoga im goldenen Reisfeuerwerk

Stille. Finsternis. Spärlich beleuchtet ein überdimensionales S auf der Bühne. Es könnte auch ein angedeutetes Yin-Yan-Zeichen sein. Aus goldenem Reis. Den hört man rieseln. Doch dann entfacht das Cloud Gate Dance Theatre of Taiwan mit „Songs of the Wanderers“ ein Feuerwerk in Hellerau.

02.06.2011: Drangvolles Blühen – eine Korrespondenz aus Leipzigs Westen

Am Anfang war das Feuer. Der Rest ist bekannt: Wo Licht ist, fällt auch Schatten. Seit Jahrtausenden tümmeln sich Zweibeiner um brennende Stätten, genießen die Wärme, kommen ins Kuscheln – und schon ist sie da, die Überbevölkerung der Welt. Ach ja: Lagerfeuer taugen nicht nur für Gitarre, Techtelmechtel und Singsang, es lässt sich auch allerlei Getier darüber rösten. Im Zweifelsfall wird wegen der höheren Effizienz diverses Mordgerät am Feuer geschmiedet. Und damit sind wir auch schon beim Waffenschmied. In diesem Fall: Bei einer Empfehlung für die Musikalische Komödie Leipzig.

02.06.2011: Hanfexport nach Halle

Als vor anderthalb Jahren die "Mariza" an der Dresdner Staatsoperette Premiere hatte, lobten die Kritiker die treffenden Kommentare zur aktuellen Finanzkrise. Nun hat Axel Köhler seine Inszenierung nach Halle exportiert – und augenscheinlich kaum aktualisiert. Wie schnell Inszenierungen nicht mehr aktuell sind, wunderten sich die Nachwuchskritiker im Gespräch am Hallenser Institut für Musik – drei haben ihre Texte an »Musik in Dresden« gesendet.

02.06.2011: Arkadien hat eben keine Grenzen

In Dresden mit virtuos explodierenden Piècen zu beeindrucken, ist schon mal nicht ganz einfach. Viele Tastenlöwen sind hier schon abgezogen, ohne das insgesamt eher zurückhaltende Publikum aus der Reserve gelockt zu haben. Was jedoch Arcadi Volodos gestern Abend in der Semperoper bot, war mehr: er grundierte Liszts oft genug brachial heruntergefetzte h-Moll-Sonate so tief, dass man geneigt war, sie für die Keimzelle manch sinfonischen Werkes der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu halten.

28.05.2011: Schenken, was man selber mag

In diesen beiden Kästen wohnen die beiden Celli von Heinrich Schiff: das legendäre Stradivari "Mara" von 1711 – inzwischen sogar Stoff einer Erzählung von Wolf Wondratschek – und die "Sleeping Beauty" von Domenico Montagnana (1739). Was Wunder, dass sich am Mittwoch Abend im Palais im Großen Garten zahllose Dresdner Cellisten die Klinke in die Hand gaben: schließlich wurden noch zwei weitere Instrumente zum Klingen gebracht.