Die Entrüstungswellen, die vor bald vier Jahren in Dresden hochschlugen, als Kathrin Kondaurow zur neuen Intendantin der Staatsoperette ernannt wurde, sind verebbt. Aber noch immer, scheints, kocht der Unmut des Publikums bei herausfordernden Inszenierungen leicht wieder hoch. Martin Morgenstern hat die Intendantin zur Lagebesprechung getroffen.
Staatsoperette
…und manchmal, als man denkt. Das muss durchaus nicht immer schlecht sein. Dieweil wir noch auf die bevorzugten Blondinen warten, gibt es an der Staatsoperette nun erst einmal das »Märchen im Grand-Hotel«.
»Follies« von Stephen Sondheim ist ein wichtiges, aber schwer vermittelbares Stück Musicalgeschichte. Nachdem Sondheim ein Jahrzehnt mit dem Stoff gerungen hatte, inszenierte es der heute legendäre Regisseur und Produzent Harold Prince 1971 am Broadway, wo es erfolgreich lief, aber die Produktionskosten am Ende sämtliche Gewinne auffraßen. Nach der deutschen Erstaufführung vor fast dreißig Jahren wurde es hierzulande nie wieder gespielt. An der Staatsoperette kommt das Regieteam nun mit einer kleinen Notlüge aus, um das schwierige Stück neu zu interpretieren.
Ewiggestrige Dresdner haben ein Jahr lang leise rumgeknurrt – jetzt hat die neue Staatsoperettenintendantin geliefert. Die Revue »HIER und JETZT und HIMMELBLAU« ist ein Befreiungsschlag für das Haus, ein fetziger Abend, lust- und musikbetont, ehrlich und hintergründig, mit fantastischen Sängern und einem himmlisch aufgelegten Orchester.
Darauf hat die Welt nicht gewartet. Aber Dresden! Ein neues Musical an der Staatsoperette enttäuschte trotz solider sängerischer Leistungen am Ende auf der ganzen Linie.
Am Aschermittwoch ist alles vorbei, sagt der Volksmund. An der Staatsoperette Dresden ist das anders. Hier sagte am vergangenen Aschermittwoch die künftige Intendantin Kathrin Kondaurow, wie es weitergeht: klare Ansagen für die Saison 2019/2020 unter ihrer Leitung.
Dass die Staatsoperette im Kraftwerk Mitte im Dresdner Zentrum angekommen ist, ist nicht zuletzt ein Verdienst ihres Intendanten Wolfgang Schaller, der sich mit aller Kraft dafür eingesetzt hat, dieses in seiner Art einzigartige Theater vom Rand der Stadt ins Zentrum zu bringen. Das ist gelungen. Jetzt hat die Abschiedssaison für ihn begonnen.
Für alle, die es noch nicht mitbekommen haben (und das scheinen nicht wenige Dresdner zu sein): dem Kraftwerk Mitte wird nächste Woche neues Leben eingehaucht. Das Ende einer Umzugs-Odyssee.